HB Magazin 1 2024

POLITIK

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Aus einem übergeordneten Blickwinkel überall mitbedenken Krankenhausreform zwingt die Weiterbildung in die Neujustierung

Für eine aus ärztlicher Sicht erfolgreiche Krankenhausreform sei auch die Berücksichtigung der Auswirkungen auf die ärztliche Weiterbildung „besonders wichtig“, betonte die Bundesärztekammer (BÄK) im März 2023 in Hinblick auf das geplante Vorhaben der Bundesregierung. Das vorgesehene Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) muss noch eine lange Strecke ins Gesetzblatt zurücklegen; aber schon das im Juli 2023 geeinte Eckpunktepapier skizzierte die Strukturen der Reform.

sogenannten Leistungsgruppen könne sich direkt auf die Weiter bildung junger Ärztinnen und Ärzte auf dem Weg zur Qualifikation als Fachärztin oder Facharzt auswirken. Und der 127. DÄT machte auf einen weiteren wesentlichen Aspekt aufmerksam: Die Qualität der Weiterbildung in Deutschland leide zunehmend unter dem fi nanziellen Druck, unter dem die Leistungserbringenden ständen. Gute Weiterbildung benötige personelle Ressourcen und Zeit für beispielsweise Weiterbildungseingriffe, Weiterbildungsdiagnostik und Fallgespräche. Transparente Finanzierung der Weiterbildung Der 127. DÄT fordert in einem Beschluss vom 15. Mai 2023 das BMG auf, im Zusammenhang mit der Diskussion um die Kranken hausreform – insbesondere mit den geplanten Vorhaltepauscha len – die Weiterbildung aus der Erlösplanung (also dem Ertrag) herauszulösen und eine eigene transparente Finanzierungsbasis für die Weiterbildung zu schaffen. Im aktuellen System müsse die stationäre Weiterbildung allein aus dem wirtschaftlichen Ertrag der Krankenhäuser (ausgenommen in der Allgemeinmedizin und Pä diatrie) heraus finanziert werden, welcher bei einem Großteil der Leistungserbringenden immer schwieriger in ausreichender Höhe zu generieren sei. Dies führe dazu, dass die Weiterbildung häufig an letzter Stelle im Krankenhausalltag stehe. „Insgesamt scheint die Qualität der Weiterbildung dadurch zunehmend gefährdet und eine Weiterbildung gemäß den Anforderungen der WBO nicht mehr immer gewährleistet zu sein“, so der Deutsche Ärztetag. Durch eine eigenständige transparente Finanzierung der Weiterbildung mit strenger Zweckbindung der Mittel, welche regelmäßig zu prüfen wäre, solle eine qualitativ gute Weiterbildung trotz zunehmenden finanziellen Drucks sichergestellt werden. Auswirkungen sollen evaluiert werden Dr. med. Markus Wenning, Ärztlicher Geschäftsführer der Ärzte kammer Westfalen-Lippe, berichtete auf einer Fachveranstaltung der BÄK im März 2023, gerade bei den grundversorgenden Fach arztkompetenzen könne die durch die Reform veranlasste Kon zentration eine Gefahr bilden. Als Beispiel wies er darauf hin, dass geburtshilfliche Abteilungen in Kliniken geschlossen worden seien, die Gynäkologie aber trotzdem noch stattfinde. Das führe zu einem Engpass nicht nur in der gynäkologischen, sondern auch anästhe sistischen Weiterbildung. Lösungsansatz dabei wäre die Kooperati on in Weiterbildungsverbünden, wobei die Weiterbildung an unter schiedlichen Standorten erbracht werde. Es müsse zudem bei der Definition der Leistungsbereiche und Leistungsgruppen eine Orien tierung an der Weiterbildungsordnung stattfinden und die Auswir

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kungen der Reform auf die Weiterbildung sollten zeitnah evaluiert werden. Auch der 127. Deutsche Ärztetag und der Hartmannbund spra chen sich in Beschlüssen vom 15. Mai 2023 und 11. November 2023 für Kooperationen und Weiterbildungsverbünde mit Rechtssicher heit für die Weiterzubildenden aus, sodass ein „ungewollter mehr facher Wechsel der Arbeitsverhältnisse“ nicht notwendig sei, da eine vollumfängliche Weiterbildung an derselben Weiterbildungs stätte „künftig häufig nicht mehr möglich sein“ werde. Regionale Aspekte seien hier zu berücksichtigen und eine entsprechende Umkreisdefinition sei vorzunehmen. Zur Anwendung kommen könnten zeitlich befristete Beurlaubungen mit ausdrücklicher Beja hung eines dienstlichen Interesses oder sozial verantwortungsvoll gestaltete Arbeitnehmerüberlassungen zwischen verschiedenen Krankenhausträgern unter Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages zum Zwecke der vollumfänglichen Weiterbildung an der primären Weiterbildungsstätte. Der Hartmannbund mahnte: alle am Reform prozess Beteiligten müssten die ärztliche Weiterbildung als elemen taren Bestandteil der Krankenhausreform verstehen. Man kann davon ausgehen, dass Level Ii-Krankenhäuser im Verbund mit anderen Kliniken eine wichtige Rolle in der Weiterbil dung von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegepersonal bekommen werden. Level Ii-Krankenhäuser sollen stationäre Leistungen der interdisziplinären Grundversorgung wohnortnah sowohl mit ambu lanten fachärztlichen sowie hausärztlichen Leistungen als auch mit medizinisch-pflegerischen Leistungen verbinden und sich durch eine enge Zusammenarbeit mit anderen weiteren Leistungserbrin gern im Bereich der gesundheitlichen und pflegerischen Versor gung auszeichnen. Von zentraler Bedeutung sei, dass die ärztlichen Weiterbildungsordnungen den sektorenübergreifenden Ansatz zum Beispiel bei der Vorgabe der Mindestfallzahlen übernähmen und die Anrechnung der Tätigkeit in dieser sektorübergreifenden Gesund heitsversorgung uneingeschränkt auf die notwendigen Weiterbil dungszeiten angerechnet würden.

Die Qualität der Weiterbildung in Deutschland leidet zunehmend unter dem finanziellen Druck.

Die Konzepte der Krankenhausreform auf Bundesebene wie auch in NRW haben zum Ziel, die Krankenhauslandschaft hin zur ar beitsteiligen Kooperation umzugestalten und an Leistungsgruppen auszurichten. NRW ist deshalb so bedeutsam, weil es gleichsam einen Vorreiter für die Krankenhausreform der Bundesregierung bildet. Bund und Länder müssten bei der geplanten Krankenhaus reform immer auch mögliche Folgen für die Fachkräftegewinnung und die Mitarbeiterqualifizierung im Blick behalten, mahnte BÄK Präsident Dr. Klaus Reinhardt bereits im Frühjahr 2023. Insbeson dere die geplante neue, feingliedrigere Planungssystematik mit

Die Ärzteschaft befürchtet, durch die neue Planungssystematik mit sogenannten Leistungsgruppen könne es zu einem Engpass an Weiterbildungsplätzen kommen. Der 127. Deutsche Ärztetag (DÄT) und ebenso der Hartmannbund fordern deshalb, die Qualität der ärztlichen Weiterbildung im Rahmen von anstehenden Kranken hausreformen auf Bundes- und Länderebene von Krankenhausträ gern, von den Gesetzgebern sowie von den Landesärztekammern sicherzustellen. Zudem sollte laut Proklamation des 127. DÄT für die Weiterbildung eine „eigene transparente Finanzierungsbasis“ geschaffen werden.

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